21.08.2013

Bewegung und Muskelaufbau

Nachdem ich jetzt zum dritten Mal meine Beine auftrainieren darf und zusätzlich den Aspekt einer nicht so leichten Verletzung in das Training mit einbeziehen muss dachte ich, ich schreibe mal generell was über den Kraftaufbau nach so einer OP. Rückblickend auf drei OPs un davon  zwei MPFL Plastiken hast sich doch da einiges zusammen getan.

Wer denkt das die OP oder das Wunden lecken im Anschluss viel abverlangt der wird schnell merken dass die Wiedererlangung der sportlichen Leistungsfähigkeit einen an die Grenzen bringen kann. Sicherlich will nicht jeder nach so einer OP wieder Fußball, Tennis oder in meinem Fall Eis- und Inlinehockey  spielen, aber die Bahn erwischen, den Enkel schnappen bevor er die Tischdecke vom Tisch zieht, oder einfach so trainieren erfordern eben eine gewisse Grundfitness die man nach der OP einfach verloren hat. Bewegung, Koordination und ganz normale automatische Bewegungsabläufe sind dann erst mal nur rudimentär vorhanden und müssen mühsam wieder aufgebaut werden. 
Gerade die Koordination der Bewegungsabläufe ist total hinüber. Eins meiner Lieblingswörter die ich in der Zeit gelernt habe war die Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation eine Freude für jeden Logopäden und je nach Verletzung und Zustand des Patienten  eine Herrausforderung für jeden Physiktherapeuten. Während der Physiotherapie kann man schon viel erreichen, leider ist die Anzahl der Behandlungen begrenzt und die Zeit sehr gering. Und sobald man wieder laufen kann ist der Soll ja auch erfüllt. Will man jetzt weiter kommen  und beweglicher und kräftiger werdenbleiben einem verschiedene Wege zur Auswahl: Sport zu Hause, Fitnessstudio, Wassergymnastik usw . Der, meiner Erfahrung nach, beste Weg war es damals nach der Physiotherapie in eine MTT (Medizinische Trainingstherapie) über zu gehen bzw. KG-Gerät also Krankengymnastik am Gerät.  Das klingt total logisch wenn man es weiß, aber viele hören das zum ersten mal oder Ärzte erwähnen das nicht.

Die MTT empfand ich als gute Vorstufe und ist Mittlerweile auch mein Ersatz für das Fitnessstudio, aber das nur aus Faulheit, Entfernung weil man sich mit den Leuten so gut versteht. In "meiner" Praxis ist das Training auch für nicht Patienten offen, was aber nicht überall so ist! Durch die Übungen wurden mittels eines festen Trainingsplans der individuell zusammen gestellt wird erstmal die Koordination und die Beweglichkeit gefördert und nach ein paar Wochen ging man dann zur Kräftigung der Muskulatur über. Also Pumpen ;) !
Oberflächlich betrachtet sind das alles Übungen und Gerätschaften, die jedes Fitnessstudio hat. Therabänder, Gummibälle, Geräte, Schlingentrainer ect.pp. Man lernt aber unglaublich viel über saubere Ausführungen, Körperhaltung,Ablauf und welche Übung nach einer anderen folgen sollte bzw. könnte. Training in geschlossenen und offenen Ketten, alles Dinge die einem später beim Umzug in ein Studio im Gedachtmiss bleiben.
Der Effekt zwischen Leuten zu trainieren die ebenfalls so eine Verletzung hatten, die schon weiter sind oder zu sehen wie man selber besser wird ist eine gute Motivation. Hinkend und ohne Muskulatur sowie unbeweglich im Fitnessstudio ist sicherlich etwas das sehr demotivierend wirken kann.


Der größte Effekt, und das ist nur meine eigene Meinung, ist aber, dass mental Unterstützt wird. Aus meiner Erfahrung heraus ist der Kopf nach so einer Verletzung oder OP stärker Verletzt als das Gelenk. Angst, übervorsichtige Bewegungen oder mangelnder Mut können so eine vollständige Genesung heraus zögern. Jedes zwicken und ziehen, jede kleine Schwellung oder Veränderung die man seltsam findet können einen da verunsichern und einen daran hindern die Grenzen der Beweglichkeit und der Belastbarkeit zu verschieben. Oft ist einem auch der Unterschied zwischen - das MUSS wehtun , und das sollte nicht weh tun - nicht bekannt und man lässt es dann, oder übertreibt es. Bei einfachen Kniebeugen kann man so viel falsch machen. Da ist es gut wenn man wen zur Hand hat der der sich wirklich damit auskennt. Ich für meinen Teil konnte so meine Leistung sukzessiv steigern und hätte nach 3 Rezepten KG am Gerät  (18 Behandlungen , 2x Pro Woche =  9 wochen) in einem normalen Studio weiter trainieren können.

Schön fand ich auch die Hinweise von Außenstehenden die mal gehört haben dass man doch viel Fahrrad fahren soll. Nicht das ich als passionierter Mountainbiker eh schon viel Bike sehe ich dabei keine Kräftigung der Muskeln für den Alltag. Biken ist super, keine Frage, ein super Cardiotraining und man sollte auch öfter das Auto stehen lassen für ein paar km, und wenn man ordentlich fährt ist es  auch gut fürs Knie. Aber es kann nach so einer Verletzung nicht ein Training ersetzen das darauf abziehlt seinen Körper wieder den früheren Zustand zu versetzen. Allein im Bein befinden sich so viele Muskeln die nur in bestimmten Haltungen oder bei endgradiger Bewegung ausreichend stimuliert werden um dem Körper einen Anreiz zu geben diesen Muskel weiter auszubauen. Das kann man mal Testen indem man mal die Beinpresse im Sitzen und einmal im Liegen benutzt. Gleiches Gerät, gleiches Gewicht, anderer Effekt. Das beste Beispiel ist hierfür ist aber der vastus medialis, also der innere der 4 Muskeln im Oberschenkel die für die Streckung Verantwortlich sind. Gerade im Fall von Kniebeschwerden durch Luxationen oder zu weit außen sitzen Kniescheiben spielt dieser eine tragende Rolle, da er hilft die Kniescheibe innen zu halten. Und weil man eben nichts umsonst bekommt lässt dich dieser nur dann trainieren wenn man in den letzten 10° der Streckung ist. Wenn man das Knie jetzt Wochen nicht in der vollen Streckung hatte kann man sich vorstellen warum dies so schwer ist, eben weil keine Muskulatur da ist. Wenn man mit den Gedanken jetzt aufs Bike steigt wird man schnell  merken, dass man das Bein nur beim Absteigen voll streckt, nicht aber  beim Fahren und auch kaum bis gar nicht unter Last. Einder der Gründe warum man als Fahrradfahrer auch  spiezelles Training macht um diesen Muskel aufzubauen und Kniebeschwerden zu vermeiden.

Das ist auch einer der Gründe, weswegen es mit der Streckung meist länger dauert als mit der Beugung, die mit dehnen und bewegen erreicht wird. Irgendwann konnte ich den Satz für die Streckung muss man arbeiten und für die Beugung "nur" Leiden nicht mehr hören.

Warum es eine gute Idee war die MPFL-Plastik machen zu lassen:

Als ich mir 2010 zum dritten mal meine Kniescheibe luxiert hatte war sowohl der Wunsch, die Notwendigkeit als auch die medizinische Indikation für eine MPFL Plastik klar gegeben. Irgendwann muss man dann eben mal einsehen, wann das Risiko zu groß wird. Auch die anschließende Zeit mit laufen lernen war länger als noch im Alter von 17 Jahren. Als es dann 2012 um das anderen Knie ging, wo die Kniescheibe nur einmal luxiert ist, ich aber nach dem Sport öfter Schmerzen hatte war die Frage ob OP oder konservative Behandlung weitaus schwieriger. 3 Ärtze 4 Meinungen, wie man das so kennt. Den inneren Quadtrizeps auftrainieren und damit die Kniescheibe weiter in die Mitte zu bekommen um weitere Probleme zu vermeinden klang verlockend. Keine OP, keine Schmerzen, nur viel viel Arbeit! Da Muskeln aber nicht ewig stark bleiben und durch andere Verletzungen auch schnell an Größe und Kraft verlieren kann dieser Weg auch gefährlich sein!

14 Monate später weiß ich, dass die OP definitiv der richtige Weg war. Im nachhinein kommt  mir die OP und das schwitzen bei der Physio und dem Kraftaufbau doch relativ einfach vor, auch wenn ich weiß das es ne harte Zeit war und man sich das schön redet. Durch das kaputte Sprunggelenk ist meine Oberschenkelmuskulatur  dahin, sicher tranierter als bei anderen die ohne viel Sport in so eine Verletzungsphase kommen, aber weitaus weniger Kraft als noch vor 9 Wochen als man 86kg einbeinig auf der Beinpresse drücken konnte.
Durch den Mukelschwund merkt man, dass das Knie auch minimal instabil geworden ist, was sicher auch mit der Standfähigkeit des Fußes zu tun hat. Das Knie leistet derzeit Mehrarbeit und muss viel ausgleichen, was der Fuß sonst übernommen hat. Wenn ich jetzt daran denke wie die Zeit wäre ohne die MPFl, mit dem Grad Muskelschwund... autsch! Nichtsdestrotz bleibt die MPFL Plastik eine große OP mit vielen Risiken und keiner schönen Zeit in der Nachbehandlung. Aber ich glaube das war die richtige entscheidung. Man muss sich ja nicht gleich drei Knochen brechen, es reicht ja auch ein Bänderris beim Umknicken und schon ist man 4-6 Wochen raus.

Sonst könnte man sagen "es läuft"wieder, wenn auch langsam und abgehackt.  Die Krücken sind weg, wenn auch erst seit gestern und laufen lernt man jetzt wieder langsam und mühsam von vorne. Die Platte auf der Außenseite mit ihren Schrauben nervt sondergleichen und ab und an durchzieht ein richtig übler stechender Schmerz das Gelenk incl der Muskeln, das wird aber weniger. Auch das Aufstehen nachlängeren Ruhephasen wird leichter. Sonst war es so, dass man nach längerer Ruhephase kaum gehen konnte. Auch das wird langsam besser.
Was mir aber Kopfzerbrechen bereitet ist die Tatsache, wie man in den Schlittschuh / Inliner kommen soll. Rein kommt man, aber der Schuh ist nicht schnürrbar weil die Außenseite auf eine der  Schrauben drückt. Das ist wie, als wenn sich die Schraube durch das Reiben im Schuh dürch die Haut frisst... Sollte das pasieren drehe ich sie einfach raus! ;)


Kleine Randanekdote aus dem Profisport:

Als sich Gregory Campbell der Boston Bruins im Conference Finale der NHL Anfang Juni bei einem geblockten Schuss das Wadenbein gebrochen hat und mit diesem Bruch noch aufgrund einer Unterzahlsituation weiterspielte, hätte ich nie gedacht dass man dies kann. Ein paar  Wochen Später habe ich gelernt, dass man mit drei gebrochen Knochen in der Lage ist sich auf Skates fortzubewegen, auch wenn das sehr schmerzhaft ist. Wie man hier sieht. 2 Monate später kreuzen sich die Erfahrungen wieder. Die gleichen probleme mit dem Schuh und auch an die zeittige Wiederaufnahme des Sports erstmal nicht zu denken!

"So it's underneath my skate there on the side. So when I tightened it up and I moved my ankle back and forth, I actually felt the screws, which surprised me because I didn't think I would. But I was talking to people; I have to tweak the boot a little bit so there's not much pressure on the area."  nhl.bruins.com




6 Monate bleiben die Schrauben mindestens drin, am 2.Juli war die OP und am 2. Februar ist der Superbowl, na wenn das nicht passt und man denn evt an dem Montag keinen Urlaub braucht! :D